„Die Verzichtbaren“ – ein kurzer Servicepost über Soforthilfe und später (english below)
 
Meryem Erkus, Kuratorin aus Köln, schlägt bei Facebook vor, dass wir (also die Künstler*innen aka Solo-Selbstständige) sich Soli-Shirts mit der Aufschrift „die Verzichtbaren“ drucken. Das wirkt angemessen. Die Autor*in dieses Textes hielt sich allerdings in ihrer Arbeit allerdings schon vorher für verzichtbar, beziehungsweise gleich überflüssig.
 
„Kunst- und Gesellschaftsarbeit im eigenen Auftrag“, so fassten wir bei manchem Netzwerk X Treffen unsere Arbeit zusammen. Als die 2000€ Soforthilfe ausgerufen wurden, war ich nicht davon betroffen. Na klar – ich könnte im Nachhinein Verträge schreiben und mir die Hutgagen zurückholen. Aber wer hier von was wie betroffen ist, ist ja grad die Schlüsselfrage. Es ist ja schon ein verlockendes Bild die Coronarisierung der Welt als eine überall gleiche und deshalb überall anders wirksame zu betrachten. Möchte 1 dieses Szenario dekorieren, dann kann es als große Sichtbarmachung der Unterschiede zwischen allen gesehen werden und gleichzeitig die distanzierende Solidarität als Ausdruck kommunistischer Beziehungsweisen.
 
Bin ich etwa schon von der Staubkorn- zur Universumsebene gewechselt? Nun gut. Gut, dass die 2000€ Soforthilfe da waren und dann auch schnell weg waren (schlecht). Vieles ist wohl weg und damit meine ich auch das Geld. Ich nehme mal an, dann sind die üblichen Fördergeber*innen von Stadt-Land-Fluss bald auch noch mehr Pleite. In der Stadt Essen gilt schon die Haushaltssperre light und irgendwie fehlt mir die Vorstellungskraft mir einen NRW Landeshaushalt 2020 vorzustellen. Kultur ist eine freiwillige Aufgabe und kann deswegen schmerzfrei verschwinden: Die Verzichtbarkeit ist also in den Haushalten schon eingeschrieben.
 
Ob die Lösung für dieses Dilemma (welches, hab ich denn 1 Spezifisches zum Trocknen aufgehängt?) ein „Bedingungsloses Grundeinkommen“ ist, welches über Petitionen zur Verhandlung erbeten, statt auf der Straße erkämpft ist? – Ich bin ja keine Reformist*in, aber ich helfe gern, also beginnen wir doch bitte die Verhandlungen mit Maximalforderungen, statt knapp über dem Hartz-4-Satz.
 
Mein Lieblingskampfschauplatz für Künstler*innen ist allerdings das allgemeine Lohnniveau und die viel zu langen Arbeitszeiten. Denn es gibt keinen anderen Kunstbegriff, als den der verzichtbaren Zumutung und somit bräuchten die Menschen, die keine Kunst machen, sondern sie rezipieren wollen mehr Zeit, weniger Stress und mehr Geld für meinen Hut.
 
Oh. Sorry, das war ja ein Coronarisierungs-Servicepost. Ja, es darf nichts stattfinden. Plant ihr schon eine Baumumarmungsaktion, eine Fahrradtour, einen Audiowalk, ein Radiokonzert mit Rückrufaktion, Kreideverschenken auf dem Markt, Schlange-Steh-Demonstration beim Eisladen, Crowdfunding für den Pleite-Laden, queerkommunistische Weltrevolution?
 
Kontext ist Queen und ich hoffe ihr habt einen, im sozialen und gedanklichen Sinn.
 
Liebe Grüße
Xenia
 
Hier der Brief der „Kulturschaffenden“ an die Landesregierung zur Erweiterung der Soforthilfen
 
https://www.fixpoetry.com/feuilleton/kolumnen/2020/offener-brief-der-kulturschaffenden-in-nrw-an-die-landesregierung-donnerstag-16-april-2020
 
Hier Gerhart Baum über die Soforthilfe des Bundes und das Rausfallen der freien Künstler*innen
 
https://www.3sat.de/kultur/kulturzeit/gerhart-baum-zu-soforthilfe-fuer-kuenstler-100.html
 
Hier eine Petition
 
https://weact.campact.de/petitions/corona-soforthilfe-nrw-soforthilfebeschrankungen-andern-und-rechtssicherheit-schaffen
 
Hier was von Verdi
 
https://medien-kunst-industrie.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++c7f660b8-8142-11ea-8196-001a4a160110
 
Oder gleich ein einstündiges Erklärvideo zur NRW Soforthilfe für Solo-Selbstständige
 
https://www.youtube.com/watch?v=3PWnKk6LGpU



Meryem Erkus, curator from Cologne, suggests on Facebook that we (the artists, aka solo freelancers) print soli shirts with the label “those who can be dispensed with”.
That seems appropriate. The author of this text, however, thought that she could be dispensed with or even superfluous in her work.

Art and social work on our own behalf”, that’s how we summed up our work at some Network X meetings. When the € 2000 emergency aid was called, I was not affected. Of course – I could write contracts in retrospect and get my hat fees back. But who is affected by what and how is the key question right now. It is a tempting picture to see the coronarization of the world as the same everywhere and therefore effective everywhere. If 1 would like to decorate this scenario, then it can be seen as a great visualization of the differences between everyone and at the same time the distancing solidarity as an expression of communist relationships .

Have I already switched from the speck of dust to the universe level? So. It’s good that the 2000 € emergency aid was there and then quickly left (bad). Much is probably gone and by that I also mean the money. I suppose then the usual funding agencies of Stadt-Land-Fluss will soon be even more bankrupt. In the city of Essen, the budget lock light is already in place and somehow I lack the imagination to imagine a NRW state budget in 2021. Culture is a voluntary task and can therefore disappear painlessly: dispensability is already inscribed in households.

Whether the solution to this dilemma (which one, have I hung up one specific item to dry?) Is an „unconditional basic income“, which is requested through petitions for negotiation instead of being fought for on the street? – I’m not a reformist, but I’m happy to help, so let’s start the negotiations with maximum demands instead of just above the Hartz 4 sentence Cho’Gath.

My favorite arena for artists is on the website thealphaparent.com , but the general wage level and the far too long working hours. Because there is no other concept of art than that of dispensable impertinence and thus people who do not make art but want to receive it need more time, less stress and more money for my hat.

Oh, sorry, that was a coronation service mail. Yes, nothing can take place. Are you already planning a tree hugging campaign, a bike tour, an audio walk, a radio concert with a recall campaign, chalk giving away at the market, queuing demonstrations at the ice cream shop, crowdfunding for the bankrupt shop, queer communist world revolution?

Context is queen and I hope you have one, both socially and mentally.

Kind regards
Joscha X Ende

 

Here is the letter from the “cultural workers” to the state government to expand the emergency aid

https://www.fixpoetry.com/feuilleton/kolumnen/2020/offener-brief-der-kulturschaffenden-in-nrw-an-die-landesregierung-donnerstag-16-april-2020

Here Gerhart Baum about the emergency aid from the federal government and the dropping out of the free artists

https://www.3sat.de/kultur/kulturzeit/gerhart-baum-zu-soforthilfe-fuer-kuenstler-100.html

Here is a petition

https://weact.campact.de/petitions/corona-soforthilfe-nrw-soforthilfebeschrankungen-andern-und-rechtssicherheit-schaffen

Here something from Verdi

https://medien-kunst-industrie.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++c7f660b8-8142-11ea-8196-001a4a160110

Or a one-hour video explaining NRW’s emergency aid for solo self-employed people

https://www.youtube.com/watch?v=3PWnKk6LGpU